Auch leicht angeschlagen lassen sich schöne Bergtouren gehen. Es muss ja nicht immer ein 3000er sein – denn manchmal ist es der Weg und nicht der Gipfel, der wichtig ist. Die markante, pyramidenförmige Brecherspitze am Schliersee sollte es sein… 

Die letzten Wochen und ehrlich gesagt auch Monate waren stressig und irgendwann ist der Akku einfach leer. Trotz schöner Touren, die ich gemacht habe. Aber diese sind halt auch nicht immer mega entspannt sondern durchaus mal fordernd und kräftezehrend. Mental und auch physisch. Mein Körper sendet klare Signale und fordert Ruhephasen ein. Manchmal kann ich ihm aber den Gefallen nicht sofort tun. Und dann wird auch er irgendwann zur Zicke. Die Wiesn hab ich noch ohne Schnupfen und Grippe überstanden – aber letzte Woche war’s dann soweit. Zur Strafe in voller Härte. Als hätte mich ein Truck angefahren. Also erstmal einen Tag komplett im Bett verbracht. Und an Tag zwei nur einen kleinen Spaziergang… okay, zur Neureuth hoch. Zwar langsam und mit zwei Packerln Taschentüchern. Aber an der frischen Luft. Oben gabs eine Kürbis-Ingwersuppe zur Stärkung. Also alles krankengerecht. Sehr fein. Auch die Erkenntnis, dass diese 3,5 Stunden draussen richtig gut getan haben.

Eine kleine, feine Tour sollte es sein. Zwar an einem Samstag, an dem ich eigentlich nicht freiwillig aufn Berg geh. Mag keine Massenwandertage. Aber gut. Erst wollte ich die Tour vom Birkenstein auf den Wendelstein gehn – aber ich war mir nicht sicher, ob ich dafür schon fit genug bin. Warum also nicht endlich mal die Brecherspitze (1685M) am Schliersee abhaken? Schöne Tour, nur gute 1000hm – easy. Wahnsinnig viel Schnee sollte auch nicht liegen. Am BHF in Neuhaus das Auto abgestellt und auffi geht’s. Erst durch den Wald auf der Forststrasse, nach dem kleinen Wasserfall und der Abzweigung geht auch ein schmaler relativ steiler Waldweg nach oben. Eine Abkürzung, die mich ganz schön pumpen läßt und die ersten 4 Taschentücher fordert. Dafür ist die Nase jetzt wieder komplett frei. Wieder auf dem Almwirtschaftsweg angelangt gehts nach oben bis zur Ankelalm. Die hat schon zu. Der Kessel ist leicht weiss angezuckert. Es riecht nach frischem Schnee, die Luft ist super klar und kalt.

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Blick von der Ankelalm in den Kessel

Danach gehts links hoch zum Nordgrat des Brecherspitz, die Wiesen verwandeln sich später in Latschenfelder. Der Blick von dort runter zum Schliersee ist einfach nur schön! Aber zu viel schaun is net drin, ansonsten liegt man schnell im Gatsch. Und am Gipfel sehe ich einige, die verräterische Spuren auf Hintern oder Knien haben. Eine wahnsinns Rutschpartie zum Teil, zum Glück kann man etwas in die Wiese ausweichen – kein Vieh mehr auf der Weide. Insgesamt sind mir bis jetzt vielleicht an die 10 Leute begegnet – und drei Hunde. Ist also nicht sooo schlimm, obwohl ich erst gegen halb 11 in Neuhaus gestartet bin. Die leichten Kraxl-Partien das letzte Stück hoch sind auch wegen der Nässe mit Vorsicht zu geniessen. Besonders wenn die Sohle noch vermatscht ist. Die ersten kommen schon wieder vom Gipfel retour. Das Wetter macht kurz Pause.

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Apropos Gipfel – okay, von wegen es ist nicht viel los. Über 20, oder eher 30 waren sicher oben. Entsprechende Geräusch-Kulisse. Deswegen nur eine kurze Pause, die grandiose Aussicht geniessen. Ein kleiner Ratsch mit einem älteren Ehepaar. Küssende Pärchen überall. Klar, romantisch alle drei Seen (Schlier-, Spitzing- und Tegernsee) plus Panorama deluxe – Herbst is, Kalt wirds… wer hätte da nicht gerne jemanden am Gipfel dabei.

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Der Abstieg über den Westgrat ist nicht weiter schlimm, die paar seilversicherten Stellen koa Problem, da dort die Sonne gute Trocken-Arbeit geleistet hat und kein Schnee mehr liegt. Trotzdem mühen sich einige schon arg ab. Selbst-Überschätzung is a Hund. Beim rübergehen fällt mir direkt die kleine Kapelle am äußeren, rechten Ende des Grats auf. Völlig exponiert. Mitten am Grad. Die bayrisch weiss-blau bemalte Tür leuchtet in der Sonne. Bei der Abzweiung zu den First-Almen (normale Route) sind für meinen Geschmack zu viele unterwegs. Deswegen schmeiße ich meinen Plan vom Abstieg zum Spitzingsattel und das Josefsthal über den Haufen und gehe rechts den kleinen Steig zur Freudenreich-Kapelle. 

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Am Westgrad fällt die exponierte Kapelle am Freudenreich-Grat sofort ins Auge

 

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Freudenreich-Kapelle

Im Wald geht das Rutschen weiter. Kleine Schritte, Konzentration und 4 Taschentücher später gehts wieder raus, auf den Freudenreich-Grat. Von der Kapelle gehts dann erneut bergab (teilweise sehr steil und sehr rutschig) durch Latschen und Wald bis zur freien Sattelwiese. Zurück in den Kessel. Auf dem Weg ein Schild, dass der Weg bei Nässe nicht begangen werden sollte. Zu spät. Oben am Freudenreich-Grat würde der Hinweis durchaus auch Sinn machen. Alles in allem aber nicht schlimm, es dauert einfach nur etwas länger. Der restliche Rückweg verläuft für mich (leider) erneut über die Freudenreich-Alm, Ehard-Alm, Ankel-Alm zurück nach Neuhaus. Ankunft um kurz nach vier. Happy. Stolz. Hunger. Dreckig.

DCIM100MEDIA

Das nächste Mal dann wieder unter der Woche. Selbständigkeit sei Dank. Den Ostgrat für den Aufstieg, retour über das Josefsthal und die Wasserfälle – die habe ich auch noch nicht gesehn. Wer weiß, vielleicht noch dieses oder aber sicher nächstes Jahr! Mehr Bilder zu dieser Tour gibts auf der BERGSEENSUCHT FACEBOOK SEITE!