Zum Saisonende steigt in St. Anton seit 21 Jahren ein ganz besonderes Event, das legendäre Skirennen „Der Weisse Rausch“. Ein wirklich guter Grund für mein Arlberg-Debüt, auch wenn das selber mitfahren klarer weise keine Option ist…

ST.ANTON – obwohl der Ort so bekannt ist fürs Skifahren (die Wiege des Alpinsports) und auch (bei vielen vor allem) fürs Aprés Ski, war ich noch nie dort. Diesen Winter wollte ich das ändern, denn die legendäre Abfahrt vom Valluga-Grat sollte die Krönung meiner ersten Skisaison nach 27 Jahren werden. Nachdem sich die Pläne ja leider schlagartig Ende Januar per Kreuzbandriss und der folgenden OP änderten, fiel der Rest des Winters für mich flach. Mein Saionende fand trotzdem am Arlberg statt – wenn auch nur als Zuschauer beim härtesten Skirennen ever. Geschwitzt habe ich da aber mindestens genau so…

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Blick von der Valluga, dem Start des Weissen Rausch

Der Weisse Rausch – Kult seit 21 Jahren

Am 21. April, wenn die Lifte schließen, schlägt das Herz schneller. Vor allem bei den 555, die oben auf der Valluga am Start stehen. 2665m. 1341hm bis ins Tal. Zitternde Knie, konzentrierte Gesichtszüge und der ein oder andere verdrehte Magen. Skirennanzüge treffen auf Lederhosen oder schräge Aprés-Schnee-Styles. So mancher versucht die Nervösität wegzulächeln oder mit Anekdoten des Kult-Rennens zu überbrücken. Testosteron liegt in der Luft. Und auch Angstschweiss. Damen sind eher spärlich am Start aber dafür bis ins hohe Alter. Es gibt erstaunlich viele Wiederholungstäter, die sich der 9 km langen Strecke stellen. Und mit bis zu 120km/h ins Tal brettern wollen. Voigas. Zum „Spaß“ treten hier nur wenige an. Es geht um die eigene Ehre / Ehrgeiz und seinen Rekord zu verbessern. Gute Mittel-Richtzeit 17 Minuten, natürlich ist schneller wünschenswert – meist aber eher langsamer (Rekordzeit von 2011: 8 Min 14 Sekunden). Erst stürzt man sich in die Tiefe und hofft, schneller als die anderen zu sein – um nicht selber oder unverschuldet im Pulk zu Sturz zu kommen. Schwung mitzunehmen, denn die wahre Herausforderung folgt kurz danach am Schmerzensberg, ein rund 150 Meter langer Zwischenaufstieg. Wer zu schnell hinauf sprintet, dem brennen oben nicht nur die Lungen sondern auch die Wadln & Schenkeln. Aber langsam und entspannt gilt hier nicht. Die Profis schnallen klarerweise dafür nicht ab sondern skaten einfach nach oben. Danach geht’s weiter über teils unpräparierte Pisten, die nicht nur die Schenkel sondern auch Fahrerisches Können fordern. Extreme Buckel auf der Kandahar – da tun mir beim zuschaun schon die Knie weh… und zum Abschluss wartet vor dem Ziel auch noch eine Reihe von Obstacles, die es zu Fuß zu überwinden gilt. Egal ob vorher Ski, Snowboard, Telemark oder Monoski angeschnallt waren – ein Großteil der Teilnehmer fällt den Cheerleadern zu Füßen. Ausgepumpt, fertig – aber glücklich, das Ungeheuer Valluga bezwungen zu haben. Die Pompons kreisen endlos zur Musik, aber nur die Girls mit den Trinkflaschen werden dankbar gefeiert… die Menge tobt – und ist vor lauter Anfeuern fast genauso atemlos wie Helene, die aus den Boxen schallert.

Saisonende am Arlberg

Aber was ist sonst so los in STANTON? Nicht viel. Zu dieser Zeit ist es bereits erstaunlich ruhig, die meisten Hotels, Geschäfte, Restaurants und Bars haben schon genug und ihre Pforten geschlossen. Leere Rooftop-Pools, zugeklappte Schirmbars. Für mich: entspanntes durch die Strassen schlendern, vorbei an blühenden Bäumen und hübschen alten Häusern. Einen Abstecher mit der Nasserein-Gondel auf den Gampen (1850m), ins Himmeleck auf einen Kaffee – und das alles bei über 20 Grad. Sonne satt. Geniessen. Klar gondel ich auch zum Lokalaugenschein auf die Valluga (2811m)in Shorts ohne Ski. Dort oben liegen noch 4,5 Meter Schnee. Das tut schon a bissal weh. Aber das Panorama heilt die Seele. Vorarlberg und Tirol zu Füßen.

Das Verwalltal – wo der Frühling noch etwas warten muss

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Nein, keiner darf hier rein…

Am Sonntag nach dem Rennen sollte es für mich eigentlich zum Verwallsee gehen – ein echtes Schmuckstück von einem Bergsee. Wurde mir gesagt. Und ans Herz gelegt. Ein perfekter Abschluss. Allerdings schlummert der tief hinten im schönen Verwalltal noch unter einer dicken Schneedecke. Und der Weg versteckt sich hinter Absperrschildern – hüfthoch liegt hier noch der Winter herum. Ausser ein paar Tourengehern begegnet man hier heute keinem. Dann eben wieder praktisch per Postbus retour zum Parkplatz – viel bequemer, als auf Asphalt die Strasse entlang zu laufen. Dem Knie zu liebe. Der Verwallsee, heute ein Satz mit X… oder: ein wunderbarer Grund, im Sommer wieder an den Arlberg zu kommen 😉

Vielen Dank an ofp Kommunikation sowie dem TVB St. Anton für die nette Einladung und Betreuung vor Ort!

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Pfiati Arlberg, bis im Sommer!

PS: Weissen Rausch erleben – das RE-LIVE vom Rennen 2018 gibt’s HIER!

PPS: wer die Strecke sehen will, der sollte sich das Video vom lieben Hajo Smit auf VIMEO reinziehn. Respekt, grosses Kino! (Hier ist der Begriff Fliegender Holländer Programm…)

PPPS: Idee und Name des Kultrennens erinnern an den gleichnamigen Film mit Leni Riefenstahl und dem Skipionier Hannes Schneider aus den 1930er Jahren, der den Arlberg weltberühmt machte. Der Film zeigt eine spannende Fuchsjagd auf Skiern und bietet somit die perfekte Vorlage für das Kult-Rennspektakel „DER WEISSE RAUSCH“