Zum 48. Mal ruft der Kaiser – und über 700 pilgern ins Kufsteinerland. Drei Trailrun- und vier Wanderdistanzen – ein Ziel. Meine Koasamarsch-Wahl: 33 Km & 1730 hm in gewaltiger Bergkulisse des Zahmen & Wilden Kaisers… Hitzeschlacht inklusive!

Wenn 1,5 Wochen vorher die Einladung zu einer Veranstaltung wie dem KOASAMARSCH einflattert, wird nicht lange überlegt. Zumindest nach dem Checken meines Terminkalenders. bergseensucht kommt. Und das wirklich gerne. Challenge Accepted. Zruck zum Koasa. Statt Sonnwendfeuer/feiern dahoam am Dachstein wird umdisponiert und Samstag nachmittag aus dem Salzkammergut ins Kufsteinerland gefahren. Zeit für spezielles Training? Negativ. Nur eine Tour am Achensee, im Rofan, war drin (Solohike Hochiss). Nicht annähernd an die 33 km. Die Höhenmeter ungefähr angepeilt – die sind ja weniger das Problem. Eine gewaltige Route durch das Naturschutzgebiet Kaisergebirge und das Kaisertal wartet…

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Der Zahme Kaiser. Links die St. Nikolaus Kapelle

Ebbs. Bekannt für seine preisgekrönte Haflinger-Pferdezucht. Check-In im Kaiser-Hotel – natürlich mit Blick auf den Zahmen Kaiser. Startunterlagen abholen, Strecke studieren und eine Pizza gönnen. Der Plan: Früh schlafen gehen, 5 Uhr aufstehen und 6 Uhr starten. Während andere am Berg sitzen und am Feuer feiern. Den längsten Tag / die längste Nacht. Fies. Besonders, wenn man im Zimmer direkt unterm Dach einen solchen Sonnenuntergang vor der Nase hat…

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Zimmer mit Aussicht im Kaiser Hotel und dazu noch Haflingerfohlen rechts auf der Koppl ❤

Einschlafen hat auch geklappt. Spät. Um drei bin ich wieder wach… Aufregung? Möglich. Noch 1,5 Stunden weiterschlafen – Energie sammeln. Rucksack ist gepackt, Trinkblase befüllt. 50+ Sonnenschutz aufgesprayt. Kleines Frühstück (Overnight Dinkel-Oats & 2 Plattpfirsiche warten im Kühlschrank). Ready. Zu Fuß geht’s zum Start (zählt natürlich nicht dazu). Viertel vor 6, kurzes Stretching. 6 vor 6 – START! 

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Auffi geht’s! Die Beschilderung der 3 Trail / Wander Strecken – Halbmarathon (rot 21km 1000hm), Classic (schwarz 33 km 1730hm) & Marathon (gelb 44km 2100hm) überhalb der Koasamarsch-Tafel ist jetzt immer vorhanden! Dieses neuartige und in Tirol bisher einzigartigen Leitsystem erleichtert die Navigation unterwegs. Ab auf die Trails!

Der erste Abschnitt der Strecke zur 100 Jahre alten Vorderkaiserfeldhütte auf 1338m ist 5,2 km lang und windet sich teils steil durch den Wald bergauf. Schnauf. Zwischendrin ein kurzer Blick auf das zu Füßen liegende Inntal. Meine Zehen im linken Fuß stellen sich taub. Super. Aber je steiler es bergauf geht, desto besser wird es. Bin ich froh, meine Swix-Carbonstöcke dabei zu haben – hilft mir in den steilen Passagen enorm. Ein Höhenunterschied von 866 m. Es läuft, oben gibt’s 2x warmes Iso als Tee-Ersatz um halb 8 – aus Stiegl-Bier Bechern schmeckts einigermassen 😉 

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Suchbild mit Trailrunnern / Speed Hikern

Der zweite Abschnitt der Strecke (5,8 km) zur Hochalm ist bereits hochalpin. Schwindelfrei und Spass dabei – sollte man schon haben. Erst schön durch den noch schattigen Wald bevor man unterhalb Elferkogel (1929 m) und Pyramidenspitze (1997 m) quert. Geröllfelder, Rinnen, und ausgesetzte Abschnitte inklusive . Absolute Trittsicherheit ist hier gefragt – ausrutschen wär nur einmal drin… die Sonne sticht schon ganz gut. Es ist wunderschön. Kurz das Panorama genießen, Foto machen. Der Blick auf den Wilden Kaiser, der noch im Schatten liegt, motiviert. Also schnell weiter. Mein Magen knurrt. Die halbe Banane von Verpflegung 1 beruhigt den Magen. Höhenmetertechnisch ist das ganze nicht so wild, das letzte Stück geht bergab – die Verpflegung liegt bei Kilometer 11 auf 1257m. Da treffe ich auch wieder die Kufsteiner Jungs Truppe, die mich beim Fotografieren überholt hat. Die sind allerdings schon fertig mit trinken. Aber: geht nur, dann hab ich wenigstens Pacemaker vor mir…

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Blick zurück auf Elferkogel & Pyramidenspitze

Das Stripsenjochhaus auf 1577 m ist nach kurzen aber knackigen 3 km inklusive zwei fiesen Anstiegen erreicht. 10 Uhr morgens. Die Wadln zwicken nach 14 Km. Aber kurze Laufpassagen bergab lockern zwischendrin meine Muskeln. Das nette Team bei der Verpflegung pusht zusätzlich – ab hier gehts bergab. Sagen Sie. Ich will es glauben – stimmt ja auch. Fast. Die Verfolgung ist geglückt, direkt nach den Jungs gehts im Laufschritt abwärts. Holzstufen, Schotter, Steinbrocken, Wurzeln, Oarsch… im Wald wirds wieder etwas besser – aber meine Knie geben schon erste Unzufriedenheits-Signale. 

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Zum Stripsenjochhaus noch einmal um’s Eck…

Zum Hinterbärenbad sind’s nur 2,6 Km – zum Glück. Es gibt Latella (kann kein Iso mehr sehen), einen halben Riegel und die Info, dass noch zwei weitere Anstiege kommen im Wald, es aber dann nur mehr bergab geht. Diesesmal stimmt das auch, das Ziel rückt näher – ich breche vor den Jungs auf… die holen mich sowieso ein. 16,7 Kilometer sind geschafft. Ungefähr die Hälfte – fühlt sich schon nach bedeutend mehr an. Kurz überlege ich den Esel neben dem Weg zu kidnappen – aber schneller wär ich damit auch nicht. Und es wird immer heißer. Ich bin froh, wieder im Wald zu gehen, kurze Stücke zu laufen… immer weiter. Bergauf ist die Trittfrequenz schon nicht mehr so hoch. Die Jungs überholen mich mal wieder. Meine Knie haben sich wieder beruhigt. Aus dem Wald raus in die pralle Sonne, auf der Schotterstrasse bis zum Abzweig Bödenalmweg bei Kilometer 20,3. Bereits wieder weit unter 1000hm. Von den gefühlte 6 Litern intus wieder 3 an Schweiß raus. Nur das schöne Kaisertal lenkt etwas ab. Hier überholt mich der erste Läufer des Koasa Marathons…

Das Tal der Gesetzlosen – ein Kraftplatzerl im Kufsteiner Land – eingebettet in das mächtige Bergmassiv des Wilden Kaisers. Bis 2008 war es das letzte bewohnte Tal Österreichs, das nicht über eine Strasse erreichbar war (diese dürfen seit dem aber auch nur die knapp 40 Einwohner nutzen). Dieser Fakt verschaffte dem Kaisertal den Beinamen. Die Autos wurden früher per Hubschrauber eingeflogen, fuhren ohne Nummernschilder – es gab ja auch keine Kontrollen. Bis heute führt für Besucher alleine der Kaiseraufstieg mit über 280 Stufen zu einem der schönsten Plätze in Österreich!

Von dort führt eine breite Schotterstrasse weiter durchs Kaisertal, ich überhole die Jungs wieder, ziehe das Tempo an. Vorbei an bewirtschafteten Almen und Gasthöfen, dem Pfandlhof & Veitenhof, wo Wanderer beim Mittagessen sitzen. Es riecht nach Kaiserschmarrn. Und Würstl mit Pommes. Bratwurst & Weißbier im Ziel als Antrieb. Funktioniert ganz gut… Der Weg zieht sich ganz schön. Der erste Wadlkrampf – mir bleibt auch nix erspart. Ignoriert, zurück gezwickt und weiter gegangen. Dabei kommt der schlimmste Abschnitt erst noch – nicht für mich, aber für meine Knie. Hätte ich mir bloß die Strecke genauer angeschaut, oder vielleicht ist es auch besser, nicht zu wissen dass knapp 300 tiefe Holzstufen (gefühlt 500) unterhalb der Teufelskanzel bergab zum letzten Kontrollpunkt an der Schranke zur Kaisertalstrasse (Kilometer 26,8) warten. A kühles Cola wär’s – Cola gibts, aber leider nicht in kalt. Bäh. Aber immerhin.

Die letzten 6,2 Kilometer von Kufstein zurück nach Ebbs ziehen sich. Nur mehr geradeaus, ein kurzes Stück durch den Wald – am Ende Asphalt & pralle Sonne. Die St. Nikolaus Kapelle schon im Blick. Ich habe das Gefühl, ich komme nicht mehr von der Stelle. Hitzeschlacht. Die Füße tun weh, die Knie schmerzen brutal. Akku auf Rot. Ich bin langsam und merke es ganz genau. Jetzt könnte ich etwas Motivation brauchen – oder wenigstens jemanden der mir in den Arsch tritt. Die Sommeredition vom fliegenden Bullen mit Pink Grapefruit ist dran. Und sogar noch einigermassen kühl – darauf hätte ich fast vergessen. Am Wiesenweg kurz vorm Ziel höre ich dann die Lautsprecher – 500 Meter laufen ist wieder drin. Finish nach 7.36.19. STOLZ. Keine Ahnung ob gut oder schlecht – ist mir in diesem Moment sowas von egal. Schuhe aus, kaltes Wasser von oben. Durchatmen. Die Jungs aus Kufstein sind kurz nach mir im Ziel. Nach dem Marsch spielt die Musikkapelle Ebbs den Marsch…

PS: das Ergebnis… Platz 9. Darauf nicht nur ein Weißbier… angefixt, ze fix!

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Respekt an alle Teilnehmer vom KOASAMARSCH – gewaltige Leistungen, egal auf welcher Strecke! Die Nummer 1 muss aber fast alles gelaufen oder besser gesagt geflogen sein, geh leck… beim Classic Run (selbe Distanz wie 40er Klassisch) war die Siegerzeit knapp über 4 Stunden

PPS.: Am 17. 6. 2018 werden beim 49. KOASAMARSCH die Österreichischen Meisterschaften im Trail-Marathon ausgetragen! Die genaue Strecke von diesem Jahr gibt’s HIER!

Vielen Dank, liebe Lisa Antretter (ofp kommunikation) für die Einladung zum KOASAMARSCH & die nette Betreuung!