Samstags aufn Berg? Nein danke. Besonders wenn der Gipfel – wie die Hochiss (2299 m) – relativ bequem in Seilbahnnähe liegt. Das wunderschöne Rofangebirge (Brandenberger Alpen) ist so ein Ort in Tirol. Mit der richtigen Wetterprognose, Routenwahl & einer Portion Glück war die Tour ein Jackpot… Danke Petrus!

Wenn die Wettervorhersage am Vorabend 50% Regen verspricht, bleiben vielleicht viele lieber doch daheim. Das könnte funktionieren. Aber aufgrund der Tatsache kommt auch keiner sonst mit. Soll mir recht sein, alleine geh ich eh gerne, aus Zucker bin ich auch nicht. Eine super Möglichkeit, meine Kondition zu checken und einen Speed-Hike aus der Tour machen. Nächsten Sonntag wartet nämlich kurzfristig eine nette Herausforderung vor gewaltiger Kulisse – der KOASAMARSCH. Das Gspusi mit dem Wilden Kaiser geht weiter. Alles zum 40er Klassisch – natürlich danach HIER! Die Bergseensucht hat mich einfach im Griff. Ich wage den Versuch am Wochenende. Gelohnt hat es sich… bis zum Gipfel der Hochiss auf 2299 m waren maximal 25 Leute auf meiner Route unterwegs. Aber von vorne…

München, Samstag morgens um 8 – soll ich an den Achensee fahren oder lass ich’s lieber sein? Das Wetter ist eigentlich schon fast zu gut. Auch vor Ort. Nix mehr mit 50% Regen. Egal, schnell Frühstücken (Overnight Oats mit Dinkelflocken plus Heidelbeeren und Apfel – praktisch und gut), Rucksack fertig packen, Trinkblase fix auftanken, mit Sonnenschutz präparieren – Schuhe und mich ins Auto – Abfahrt. Rumgetrödelt. Es ist schon 9 Uhr. Egal, die A8 ist leer. Es läuft. In 30 Minuten bin ich am Tegernsee, in weiteren 40 Minuten am oberen Parkplatz der Rofanbahn in Maurach. Fast keine Autos – und das um die Zeit und bei einem angenehmen Sonne/Wolken Mix? Mir solls recht sein… Start um 10.30 Uhr.

Auf dem Hochiss-Gipfel, der höchsten Erhebung in den Brandenberger Alpen (bekannter bzw geläufiger ist wohl der Name Rofan), bin ich schon zweimal gestanden. Einmal letzten Juni bei Null Sicht und Regen (TOUR NACHLESEN), einmal im Herbst. Aber noch nie über die Route, die ich mir gestern Abend angeschaut habe.

👣 Startpunkt: Maurach, am Parkplatz der Rofanbahn ⤴ Dalfaz Alm ⤴ Steinernes Tor ⤴ Streichkopf 2243m | Streichkopf Gatterl ⤴ HOCHISS ⤵ Gamshals ⤵ Erfurter Hütte

Der Weg Nr. 13 zur Dalfaz Alm beginnt genau dort und schlängelt sich bergauf durch den Wald. Bei den sommerlichen Temperaturen optimal. Kein Mensch unterwegs. Herrlich. Scheinbar habe ich einen guten Timeslot erwischt. Auf einer kleinen Lichtung stehen zwei kleine Hütten, auf der Terasse genießt einer seinen Samstags-Kaffee. Auf der zweiten findet sich ein geschnitztes Schild über der Tür: „Schnarch-Hütterl“zu hören ist nix… 😉

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Aufstieg mit Ausblick

Weiter geht’s – wieder rein in den Wald und auffi. Nach einer Stunde die erste Begegnung. Der kommt schon wieder retour. Nach dem Wald wartet ein wunderschöner Ausblick auf den Achensee. Kurz darauf taucht auch schon die Dalfazer Alm (1693m) im Blickfeld auf. Pünktlich mit der 12 Uhr Sirene gehts für mich an der Hütte vorbei, Weg Nr. 413 führt Richtung Steinernes Tor und weiter zum Streichkopf 2243m (schwarz markiert). 1,5 Stunden statt der ausgezeichneten 2,5 Stunden zur Alm – gar nicht so schlecht. Dann wird der Gipfel wohl auch in 3 Stunden machbar sein, setze ich mir als Ziel. Mein Magen knurrt, Zeit für einen Überraschungsriegel. Ich packe immer am Abend der letzten Tour beim Basics Check des Rucksacks (Pflaster verbraucht, Traubenzucker alle, etc.) irgendwas für die nächste ein und freu mich dann, weil ich nicht mehr weiß, was es sein wird. Heute im Angebot: Chimpanzee Apple Cinnamon oder Hafervoll Flapjack Hanf Sauerkirsche… Ein liebgewonnenes Ritual.

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Links das Steinerne Tor vom Aufstieg zum Streichkopf gesehen. Wie gemalt…

Nachdem der Weg zum Steinernen Tor links abzweigt, geht’s steiler bergauf über Geröll und ein paar restliche Mini-Schneefelder. Was für eine Aussicht! Bin ich froh, dass die Sonne nicht so brutal runterbrennt. Beziehungsweise, das tut sie sehr wohl – aber die Wolken und der auffrischende Wind machen es erträglich. Zeit, eine Schicht Merino draufzupacken. Hier sind dann doch ein paar Wanderer unterwegs… in beiden Richtungen. Am Streichkopf angekommen bläst der Wind ganz ordentlich. Nochmal eine Schicht drauf. Kurz nach dem Streichkopf-Gatterl führt ein schmaler, ausgesetzter Steig Richtung Hochiss. Eine drahtseilversicherte Passage in einer Felsrinne steil nach oben. Das Rote Klamml. Doch wieder zu warm. Jacke wieder runter, Handschuhe raus (Stahlseil-Erfahrungen, keine Lust auf aufgerissene Handflächen), Stöcke zusammen geklappt und verstaut. Ja, richtig gelesen. Ab und an gehe ich gerne damit – nicht nur bergab sondern auch bergauf. Warum? HIER NACHLESEN!

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Was für ein Farbenspiel – danke Petrus für den Sonne & Wolken-Mix

Danach ist es auch schon fast geschafft. Schmal und ausgesetzt wird wieder von einem etwas breiteren Weg abgelöst. Von der Seite sehe ich den Gipfel schon. Und das da oben ganz schön was los ist. Und noch viel schlimmer – das gerade eine ganze Karawane vom Gamshals heraufkommt. Beeilung ist angesagt. Ausserdem ziehen dunkle Wolken auf. Kommt jetzt doch a bissl was runter? Mein Magen knurrt. Schon wieder. Deswegen gibt’s auf 2299m doch eine kleine Pause. Radieserl, Dinkel-Vollkornbrot und Tiroler Chili-Wurzerl (mein Tipp) plus eine Feldstudie. Heute hätten wir eine lustige Senioren-Gruppe, die allen ernstes eine Sektflasche samt Bechern hochgeschleppt haben. Freixenet. Lauwarm mittlerweile. Klar, ich mach gerne ein Gruppen-Foto von euch. Dafür gibts einen Keks. Ein Junggesellenabschied oder Männerausflug – jeder a Gipfelhoibe in da Hand, der Flachmann kreist. Lautes Gelächter und a paar schmutzige Witze. Eine Familie (ich sag nur Er in Kniebundhosen und einem Dialekt, der von weiter oben ist), die pikiert und halblaut über die anderen ablästert. Mir reichts, danke für die gute Unterhaltung!

 

Retour wähle ich unspektakulär den Weg Nr. 413 & 14, quere unter dem Gipfel und gelange dann über den Gamshals (zwischen Hochiss und Spieljoch), am Gschöllkopf vorbei, wieder zur Erfurter Hütte. Die Sonne hat sich schon wieder zurück gekämpft. Und je weiter ich absteige, desto drückender wird die Temperatur. Ausziehen. Der Abstieg ist in einer Stunde erledigt. Unterhalb der Hütte beim kleinen See wird schonmal die Temperatur gecheckt und überlegt. Es ist erst 14.45… Eigentlich hab ich noch nicht genug. Auf der Sonnenterasse erstmal einen Russn. Abstieg oder einfach die nächsten 2 Stunden genießen und dann mit der letzten Gondel runter und in den Achensee springen… einfach mal geniessen und die Knie verwöhnen. Guter Plan. Das Bad im See war übrigens noch eher frisch aber genau die Abkühlung, die ich mag. Verwunderte Blicke von Kitern in Neoprenanzügen inklusive 😉 Die Tour hat sich mehr als gelohnt!

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Kraftplatzerl unterhalb der Erfurter Hütte

Und für das nächste Mal wüsste ich auch schon was: die Überschreitung der Dalfazer Wände: Joch (höchster Punkt mit 2233m), Köpfle, Wand, Gelbe Wand, Roßkopf und Rotspitze vom Streichkopf weg. Und der 5-Gipfel-Klettersteig… dann wär ich durch. Aber auch das würde mich immer wieder hier her zurück bringen. Weil genau diese besondere Kombination aus Berg & See so sehr an daheim erinnert.

Bis bald am Achensee!

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Pfiati Hochiss, schee wars!