Meine letzte Splitboard-Tour diesen Winter. Dahoam am Dachstoa. Geplant: die klassische, 8 stündige Rumpler-Runde. Dafür muss man 100% fit sein, sonst ist sie nicht zu machen. Es entscheidet morgens die Vernunft, was bleibt ist die Erkenntnis, dass der Körper irgendwann selbst die Bremse zieht… 

Meine Alternative zur Rumpler-Runde: vom Krippenstein erst rüber zum Hai und von dort weiter Richtung Heilbronner Kreuz. Hai? Ja, nicht verlesen. Für jeden, der sich jetzt fragt, was ein Hai am Dachstein macht und wie er da hingekommen ist… ein kleiner Bergseensucht-Exkurs (Lerneffekt diesesmal inklusive):

Am Heilbronner Rundwanderweg steht er, der Hai. Sharky (so hab ich ihn getauft) ist nicht nur ein echtes Hailight, eine Touristenattraktion – das 8 Meter lange Monstrum aus Stahl steht da aus gutem Grund. Er war als Urzeit-Hai schon immer da und ist Teil der prähistorischen Vergangenheit des Dachstein Massivs. Als der Dachstein noch ein Meer war. Und dieser Platz sein Jagdrevier. Im August 2013 wurde er aus dem Hallstättersee geholt (wo er zuvor versenkt wurde) und mit einem Hubschrauber hochgeflogen.

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Auf dem Weg zum Heilbronner Kreuz

Der Weg zu Sharky ist als Schneeschuhtrail im Winter für jeden leicht machbar und auch immer gut gekennzeichnet. Massen sind jetzt zum Glück nicht mehr unterwegs. Heute ist es irgendwie sowieso erstaunlich ruhig. Nach der kurzen Abfahrt von der Bergstation auf 2.042 m wird das Amplid Milligram am Beginn des Trails (auch mein Startpunkt) wieder gesplittet. Mit Augen zu würde das mittlerweile auch schon funktionieren – die Spark RD Bindung funktioniert perfekt. Vorne aufklicken, nach hinten schieben und rausziehen. Board teilen, Bindung drauf einhängen, festklicken. Die Mohair Felle von Kohla Tirol drauf, fertig.

Erst sieht man nur sein spitzes Maul. Je näher man kommt, desto ersichtlicher wird seine Dimension. Ein riesen Viech, dass sogar begehbar ist. Und ein super Pausenplatz mit Blick auf den Dachstein, den Krippenstein und den Hallstättersee.

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Pause. Bei Touren immer im Rucksack: heisser Tee in der super leichten 1l Flasche von Thermos

Weiter zum Heilbronner Kreuz. Meine Füsse sind heute schwerer als sonst. Ich bin müde. Und höre auf die Signale meines Körpers. Teile mir die Kraft ein und lasse genug für die Abfahrt über. Der Winter war lang. Seit Anfang November bin ich durchgehend unterwegs. Verschnaufpausen gab es kaum. Urlaub auch nicht. Das macht sich jetzt bemerkbar. Viele schöne und unbezahlbare Momente und Erlebnisse – alle Möglichkeiten genutzt. Dem Schnee gefolgt. Powder gesucht (und gefunden). Die Grenzen ausgelotet und auch einmal unverschuldet umgenietet worden. Schwere Rippenprellung und Schleudertrauma inklusive. Die letzten 6 Monate gingen an die Substanz. Es war die richtige Entscheidung, auf die Rumpler-Runde zu verzichten. Die läuft mir nicht weg. Dann eben nächsten Winter.

Vom Heilbronner Kreuz führt die Route weiter zur Gjaid Alm, wo ich bei meiner letzten Tour zur Simonyhütte gestartet bin (HIER nachlesen). Die Geschichte zum Heilbronner Kreuz ist tragisch – das Drama vom Krippenstein:

1954 erlangte die heutige Stelle des Kreuzes traurige Berühmtheit, als sich eine Schülergruppe aus dem bayerischen Heilbronn auf dem Dachsteinplateau, kurz vor den Osterfeiertagen im Schneesturm verirrte und ums Leben kam. Trotz Warnungen und ungünstiger Wetterlage wagte eine 14-köpfige Gruppe (zehn Schüler und vier Lehrer) am 15. April (Gründonnerstag) den Aufstieg. Während des Aufstiegs wurden sie mehrfach gewarnt, so unter anderem von der Hüttenwirtin der Schönbergalm und Arbeitern der Materialseilbahn, die beim Abstieg waren. Nachdem die Gruppe am Abend nicht in ihre Unterkunft zurückgekehrt war, wurde noch in der Nacht eine Suchaktion gestartet. Erst am Osterdienstag fand man erste Spuren der Gruppe, am darauf folgenden Wochenende die ersten Toten und nach rund eineinhalb Monaten die letzten. Die Suchaktion war eine der größten der alpinen Geschichte mit über 400 Bergrettern, Alpingendarmen und freiwilligen Helfern. Eine Lehrerin überlebte als Einzige das Unglück, da sie nach zwei Stunden Fußmarsch umkehrte.

Diese Ruhe. Es ist vormittags kaum einer unterwegs. Der Großteil der Tourengeher nutzt die Frühauffahrt um 7.30. Da ich ja auf die Rumpler-Runde verzichte, bin ich erst zwei Stunden später mit der Gondel hoch. Und hab meine Tour dann komplett alleine gestartet. Bis auf eine Gruppe mit 3 Schneeschuhgehern begegnet mir keiner.

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Mein Weg retour führt mich zurück zum Krippenstein und hoch zur Lodge, wo nachmittags das traditionelle Fassdauben-Rennen stattfindet. A gscheide Gaudi… Gegen halb drei zieht es mich aber heim. Die Abfahrt über die knapp 11km lange Piste ist bei den Konditionen ein Traum. Bis auf ein paar Tourengeher und vereinzelte Skifahrer ist keiner unterwegs. Der Schnee: fast noch perfekt. Zum Teil Firn deluxe.

An der ersten Zieherstrecke, die voll in der Sonne liegt, steh ich direkt. Zuwenig Schwung genommen – eigentlich hätt ich’s wissen müssen. Aber ich hab ja keinen Stress und sonst einfach kurz abgeschnallt. Und dann kommt ein Tourengeher in SHORTS!!! angefahren, der von hinten schon schreit: „magst mit?“ und mich direkt mit seinem Skistock (ab) schleppt – danke, das passiert halt auch nur dahoam… Er biegt zur Gjaid Alm ab, ich fahr weiter und hab das nächste Stück komplett für mich allein. Ab Krippenbrunn lässiges Slush Surfing mit Seeblick. Letzte Kraftreserven zünden und einfach geniessen.

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Leere Piste und wahnsinns Blick auf den Hallstätter See – Herz was willst du mehr

Zwischendrin hat die Sonne aber schon ganze Arbeit geleistet. Nur mehr schmale Schneebänder am Rand – aber: weiter unten im Schatten gehts wieder besser. Kaum zu glauben, die Abfahrt über die Piste ist echt noch bis unten zum Parkplatz möglich. Die Länge und der tiefe Schnee haben ganze Arbeit geleistet. Ich bin echt durch. Und unten hat es 25 Grad. Was hilft: ein Stopp am Hallstättersee beim heimfahren nach Bad Goisern. Mit den Füssen mal antesten… und zur Vermeidung von Eiszehen relativ schnell dieselben wieder aus dem Wasser ziehen. Keine 5 Grad. Aber so schee scho am See.

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BERGSEENSUCHT –> Es muss nicht immer ein Hallstatt Foto sein! Auch der Blick über den See Richtung Obertraun und den Koppn lohnt sich… auch das ist Teil des UNESCO Weltkulturerbes

Schweren Herzens muss ich mich nach dieser Tour vom Amplid Milligram wieder trennen. Mein Fazit: auch wenn ich anfangs etwas über seine nicht vorhandenen Grip-Fähigkeiten auf eisigen Pisten geschimpft habe (zu Recht) hat es mich beim Touren überzeugt. Natürlich ist das Carbon-Splitboard mit 1.100 Euro (Preis ohne Bindung, Harscheisen & Felle) kein Schnäppchen. Aber eine Investition, die ich mir überlege. Spätestens seit der Tour im Rofan (HIER nachlesen). Im Firn war es super zu fahren, im frischen Powder sicher auch – das muss dann nächste Saison getestet werden... Mehr Facts zum Board gibts in der ersten Tourstory und –> im AMPLID Store

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Da Dachstoa #takinitallin

Danke an Amplid für das zur Verfügung stellen des Milligram Splitboards! Ich gebs echt nur ungern wieder her 😉

PS: am 7. & 8. April gibt es nochmal eine Tourengeher-Frühauffahrt um 7.30! Auffi aufn Stoa!