Klettersteige sind angesagt – aber welche Ausrüstung braucht es? Und warum? Zum Saisonbeginn habe ich für alle Via Ferrata Interessierten essentielle Infos zusammengefasst. Bonus: 22 wichtige Klettersteig-Tipps!
Vorneweg: Grundsätzlich gilt es einen Steig von einem Klettersteig zu unterscheiden. Da fängt nämlich die Verwirrung bei vielen oft schon an…
Ein STEIG bezeichnet ausgesetztes, steiniges Gelände, das unebener ist als normale Wanderwege. Meist sind das sehr alte Wege oder Notabstiege, die nicht befahrbar und stellenweise seilversichert sein können. Unterschied zum KLETTERSTEIG (Via Ferrata): dieser ist angelegt und immer durch Stahlseile, Eisenleitern, Eisenstifte o.ä. gesichert. Schwierigere Routen werden so für Nicht-Kletterer begehbar, Klettersteig gehen hat sich längst zu einer eigenen alpinen Disziplin entwickelt. Weiterer Unterschied zu einem normalen Steig: ein Klettersteig darf nur immer in eine Richtung begangen werden und die komplette Ausrüstung (siehe unten) ist erforderlich. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind für beide Steige wichtig. Die Schwierigkeiten werden in einer Skala von A (wenig schwierig)-F/G (mehr als extrem schwierig) angegeben, es gibt immer eine genaue Topographie aller Passagen des Klettersteiges, die vor dem Einstieg studiert werden sollte – Not-Austiege sind nicht immer vorhanden!

Klettersteig-Ausrüstung
Ein kurzer Check, ohne welche Ausrüstungsgegenstände kein Einstieg passieren sollte – egal in welcher Kategorie!
- Klettergurt
- Klettersteig-Set nach UIAA-Norm (neue Klettersteignorm EN 958 seit Mai 2017)
- Helm
- Klettersteig-Handschuhe (wer sich einmal am kaputten Stahlseil geschnitten hat, geht sowieso nicht mehr ohne)
- Alpine Ausrüstung: Rucksack mit kompletter Notfallausrüstung sowie Verpflegung (Wasser, Riegel, o.ä)
- Festes Schuhwerk (egal ob Bergschuhe mit Climbing-Tip, Zustiegsschuhe,…)
Nice to Have: kurze Bandschlinge mit Karabiner (praktisch, wenn im Steig eine Pause nötig aber kein Rastplatz vorhanden ist – einklinken, durchschnaufen, weitergehen)
HIER war die TOPO vom Hausbachfall Klettersteig Reit im Winkl (BY) inkl Infos, Skala & Ausrüstungscheck. Leider darf ich sie nicht mehr zeigen – Tourenbeschreibung zu finden auf www.bergsteigen.com (TOPOS gibts dort mittlerweile aber auch keine frei verfügbaren mehr)
Wichtig: die gesunde Selbsteinschätzung
Neben der richtigen Ausrüstung ist aber auch die gesunde Selbsteinschätzung essentiell. Nicht alle Klettersteige sind gleich – selbst innerhalb der gleichen Kategorie sollte man sich nie zu sicher fühlen. Jeder noch so „einfach“ bewertete Steig kann durch seine Länge, Nässe, Exposition oder andere Konditionen zur Herausforderung werden. Ohne eine sorgfältige Planung geht es (wie auch bei Bergtouren) NICHT!
Die besten Tipps zur Vorbereitung
Wetterbericht checken (niemals bei Gewitter/Unwettergefahr einsteigen!)
Immer die Topo vorab genau studieren (Länge des Steigs, Höhenmeter)
Mit welcher Zu- & Abstiegsdauer muss man rechnen. Diese kräftemäßig einplanen!
Die für einen selbst schwierigen Stellen ausfindig machen
Notausstieg innerhalb des Steigs möglich oder nicht
Besonderheiten (Raststellen)
Sind Gefahrenstellen (Steinschlag o.ä.) vorhanden
OHNE TOPO KEINE VIA FERRATA
Fast jeder Klettersteig besitzt eine sogenannte TOPO (Topographie), die einzelne Abschnitte genau erklärt (Felsbeschaffenheit, Steilheit, Rastplätze, Notausstiege, etc), kategorisiert und die Länge | Richtung anzeigt. Dabei gibt es auch immer eine Zusammenfassung mit den wichtigsten Details wie Länge, Richtzeit, Kategorie des Steigs, Zu- und Abstiegsdauer.
Ein Klettersteig wird immer nach der schwierigsten Stelle klassifiziert.
Besonderheit: im Salzkammergut gibt es in lokalen Führern zusätzlich noch eine wichtige Angabe zur Trocknungszeit nach Regentagen (1-3 Tage) – erst danach darf/sollte der KS (Klettersteig) wieder begangen werden.
INFO SCHWIERIGKEITSBEWERTUNG:
Es gibt unterschiedliche Angaben für Österreichische und Deutsche Klettersteige. In Österreich: A-F/G, Deutschland kann auch mit K1-K6 beschreiben.
Good to Know: 22 wichtige Klettersteig TIPPS
- Die Auswahl des Steigs immer den persönlichen Voraussetzungen anpassen!
- Bestenfalls immer einen erfahrenen Klettersteig-Geher dabei haben
- PARTNERCHECK! Gegenseitige Kontrolle des Gurtverschluss, Verbindung zum Klettersteigset
- Vor Ort Drahtseil und Verankerungen beim Gehen (vor dem Umhängen) auf Schäden prüfen
- Nie in gesperrte Klettersteige einsteigen!
- Eine Umhak-Länge Abstand zum Vordermann halten! Zwischen zwei Fixpunkten darf nur eine Person unterwegs sein
- Immer mit mindestens einem Arm des Klettersteigsets eingehakt sein!
- Beim umhängen auf einen festen Stand / gute Trittposition achten
- Arme beim Umhängen durchstrecken – spart Kraft!
- Kleine Schritte/Tritte setzen
- Nicht mit Armkraft arbeiten, sondern aus den Füßen heraus hochdrücken
- Konzentriert unterwegs sein, Zeit lassen
- Nicht zu warm anziehen – Schwitzen kostet zusätzlich Kraft!
- Nur im Notfall in einem Klettersteig retour bzw. gegen die Richtung gehen
- Ein STURZ ins Set sollte um jeden Preis und IMMER vermieden werden! (wenn das passiert, Set unbedingt Checken/Auswechseln bzw. ein neues kaufen). Im Klettersteig ist stürzen keine Option im Gegenteil zum alpinen Klettern. Das KS-Set soll/kann lediglich das Allerschlimmste verhindern. So ein Sturz endet häufig mit schweren Verletzungen!!!
- Regen, Nässe und Kälte erhöhen ein Sturzrisiko
- Klare Absprache beim Überholen / Gegenverkehr
- Steinschlag durch konzentriertes, achtsames Steigen verhindern
- Bei Panik: mit Bandschlinge & Karabiner einhängen, ruhig durchatmen und runterkommen. Stelle anschauen, darüber mit dem KS-Partner sprechen und dann neu versuchen.
- Bei Angst oder schwierigen Stellen VORHER seinen KS-Partner direkt darauf sprechen. Sich eventuell zusätzlich Sichern lassen – und nein, das ist nicht peinlich. Geht völlig in Ordnung und hilft, das nächste Mal so eine Stelle selbst ohne Hilfe zu meistern.
- Rastplätze im Klettersteig nutzen, sie wurden gezielt an bestimmten (vor schwierigen) Passagen positioniert!
- Für mehr Sicherheit: Klettersteigsets mit integrierter Seilklemme probieren (z.B. Skylotec Rider 3.0 oder AustriAlpin Ferrata Bloc). Kann eine große mentale Hilfe für unsichere Anfänger sein!
Via Ferrata-Fieber gepackt? Dann weiter zu den Stories vom Weisse Gams KS, Klettersteig Ballunspitze Galtür oder Innsbrucker Panorama-Klettersteig
Perfekt zum starten sind die Klettersteige für Anfänger Gosau Stausee – ein langer Klassiker ohne Notausstiege (inkl heiklem Abstieg) ist natürlich der Drachenwand Klettersteig Mondsee
Die Beschreibung vom Hausbachfall Klettersteig C/D und vielen mehr inkl Infos zu den Öffnungszeiten gibts bei meinen Freunden von VIA-FERRATA.DE
FAKTEN-UPDATE | Kuratorium für Alpine Sicherheit (vom 5.6.18)
Im Zeitraum 1.11.2016 bis 31.10.2017 verunglückten 7 Personen in Österreich auf Klettersteigen tödlich, eine Person mehr als im langjährigen Mittel (6). Innerhalb der letzten 10 Jahre nahm die Zahl der Todesopfer ab. Die Zahl der Verletzten liegt mit 67 Personen über dem 10-Jahresmittel von 58 Verletzte. In den letzten 10 Jahren zeigt sich eine (hoch) signifikante Zunahme der Verletzten, von 254 Personen in der ersten Hälfte der Zehnjahresperiode auf 323 Verletzten in der zweiten Hälfte. Mehr zu diesem Thema & 10 Via Ferrata Empfehlungen des Kuratoriums –> HIER!
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